Ist das noch Marktwirtschaft?
Der US-amerikanische Ökonom Andrew McAffee hat in seinem Newsletter gerade die US-Wirtschaft mit der der Europäischen Union (EU) verglichen. Wenn die Größe von Unternehmen ein Maßstab für die Stärke des Wirtschaftsraums sind, dann sieht es für die EU nicht gut aus.
Anlass für diese Analyse war eine Äußerung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi, der beklagte, dass es in der EU kein in den letzten 50 Jahren gegründetes Unternehmen gibt, dass mehr als 100 Milliarden Euro wert sei – in den USA gebe es sechs. Andrew McAffee hat die Grenze auf 10 Milliarden herunter gesetzt und die obige Grafik erstellt. Demnach sind in der EU kaum derartig reiche Unternehmen entstanden – in den USA sehr viele.
Aber: Diese Konzerne sind so groß, dass sie die Märkte beherrschen. Das stellen nach und nach die Gerichte fest. In den letzten Jahren sind allein bei bei Google drei Monopole festgestellt worden, die der Konzern unfair ausnutzt: Beim Betriebssystem Android, bei der Web-Suche und der Online-Werbung. Auch bei anderen Konzernen sind solche Monopole festgestellt worden. Bei anderen hat man sie nur noch nicht gerichtlich überprüfen lassen – behaupte ich jetzt mal.
„Wettbewerb ist etwas für Verlierer“
Groß geworden sind diese Konzerne nicht allein durch eigene Genialität. Vor allem haben sie rechtzeitig jede mögliche Konkurrenz aufgekauft. Facebook hat Instagram gekauft und Whatsapp bevor die beiden so groß werden konnten, dass sie eine Konkurrenz für Facebook wurden. Statt sich selbst mit „KI“ herumzuschlagen, hat Amazon Anthropic gekauft. Microsoft war bei dem Monopol-Thema noch aus den 1990ern gewarnt und hat OpenAI nicht gekauft, sondern sich da so massiv eingemietet, dass es vom Kauf nicht zu unterscheiden ist. Schon als Google 2007 sein Werbesystem mit DoubleClick einkaufte, hatten Apple und Microsoft wettbewerbsrechtliche Bedenken angemeldet. „Wettbewerb ist für Verlierer,“ sagt der US-Oligarch Peter Thiel.
Hunderte Firmen wurden von den Konzernen in den letzten zwei Jahrzehnten geschluckt und als Konkurrenz ausgeschaltet. Die Konzerne haben sich ihr Imperium zusammengekauft und das als eigene Innovativkraft vermarktet. Wer schon viel Geld hatte, konnte so aus viel Geld noch viel mehr Geld machen. Sie haben so sehr unsere Vorstellung von der Digitalen Welt geprägt, dass sich viele Menschen gar nicht vorstellen können, wie denn ein echter Markt im Digitalen aussehen könnte.
Das betrifft auch die Demokratie
Es ist aber auch ein Problem für die Demokratie, wenn es eine Klasse von gott-artig überreichen Oligarchen gibt, die zwischen Frühstück und Mittag schon so viel reicher geworden sind, dass sie alleine mit diesem Betrag den Ausgang echter Wahlen beeinflussen könnte. Die 250 Mio Dollar, die über Elon Musks PAC in den Trump-Wahlkampf geflossen sind, verdient er jedenfalls buchstäblich bis zum Mittagessen. Man kann sich ausmalen, was so eine Spende in einem europäischen Wahlkampf bewirken könnte.
Die von Andrew McAffee beschriebene Entwicklung ist weniger ein Zeichen für den Niedergang der europäischen Wirtschaft. Sie ist ein Zeichen für den Übergang der USA von einer Marktwirtschaft, in der der demokratische Staat den Rahmen setzt zu einer Oligarchie. Es ist kein Markt, wenn es in vielen Branchen weltweit nur 1–3 relevante Unternehmen gibt.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Monopole zerschlagen werden müssen.
Links
- The Geek Way: A Visualization of Europe’s Non-Bubbly Economy
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Link: https://kaffeeringe.de/2024/12/12/ist-das-noch-marktwirtschaft/